Gut zwei Monate mussten die Oberammergauer Bürger ohne die Viertelstunde-Glocke auskommen. Seit Montagnachmittag erklingt die Glocke wieder. Hunderte Jahre alt sind die Glocken der Kirche. Der Bolzen, der den Glocken-Hammer der Hl. Joseph-Glocke hält, war gebrochen, der Viertelschlag verstummte. Viele Bürger riefen im Pfarramt an und bemängelten, dass der Viertelstunden Glockenschlag fehlte. Sogar Urlaubsgästen fiel es auf. Mesner Martin Müller: „Man glaubt gar nicht, wie viele Menschen sich nach der Kirchturmuhr und den Glockenschlägen richten.“
Also musste ein Profi ran. Walter Pirker von der Firma Pirker Glockensysteme aus Nürnberg kam vorbei. Er begutachtete den Schaden und schnell war klar, ein neuer Bolzen musste angepasst werden. „Jedes Teil einer Kirchenglocken-Anlage ist eine Einzelanfertigung, mal eben in den Baumarkt gehen gibt’s hier nicht“, so Pirker. In seiner Werkstatt fertigte der Glockendoktor an der Drechselbank einen neuen maßgeschneiderten Stahlbolzen an. Damit dieser Bolzen auch genau passte, nahm der Spezialist den Glockenhammer, samt defektem Bolzen mit nach Nürnberg.
Am vergangenen Montag klingelte dann das Telefon bei Martin Müller, die Reparatur sei abgeschlossen und gegen Nachmittag komme er zum Einbau vorbei, so Pirker. Walter Pirker, gebürtiger Tiroler, fuhr mit seinem Transporter auf dem Kirchplatz vor, im Gepäck: Bolzen und Hammer. „Das Schwierigste ist jetzt die alte Halterung zu entfetten und den Bolzen anzuschweißen“, erklärte er in seinem Tiroler Dialekt. Mit einem Schweißgerät, einem Eimer voller Werkzeug sowie dem Bolzen und dem Glocken-Hammer ging es den Kirchturm hinauf. Die engen alten Holzstiegen machten die Sache nicht leichter. Endlich im Glockenturm angekommen ging es ans Werk. Der Vollprofi hämmerte hier und schweißte dort. Er kraxelte auf dem Stahlgerüst von einer Seiter zur anderen. Nach gut 30 Minuten erfolgte der erste manuelle Testschlag gegen die Glocke. So ganz passte es noch nicht, also musste Pirker noch etwas nachjustieren, die Lager wurden noch eingefettet und dann passte es. Zum Test schlug er gleich mehrfach mit dem Glocken-Hammer gegen die Viertelstunden-Glocke. „Der Pfarrer soll ruhig hören, dass ich im Hause bin“, scherzte Walter Pirker zum Mesner Martin Müller, der ihn bei der Reparatur unterstützte.
Nach weiteren 30 Minuten war das Werk vollendet. Pirker: „Die nächsten 30 Jahre wird der Bolzen schon wieder halten“. So kraxelten die beiden den Kirchturm wieder herab und legten den Hauptschalter der elektronischen Glocken-Steuerung um. Nach einigen Minuten erklang nach Monaten der Entbehrung die Viertelstunden-Glocke über Oberammergau.
Fotos / Videos Copyright: Dominik Bartl/MedienPics.de
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